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Dresden, Schlosskapelle

Dresden, Schlosskapelle

Von Hans Leo Haßler (1564-1612) konzipiert und Gottfried Fritzsche (1578-1638) gebaut

Erhaltungszustand: Nicht erhalten
Im Zuge der Rekonstruktion des Dresdner Residenzschlosses ist auch die vollständige Rekonstruktion der Fritzsche-Orgel angedacht.


Obwohl die Orgel der Dresdner Schlosskapelle nicht erhalten ist, verdient sie besondere Aufmerksamkeit, denn sie ist von großer Bedeutung für die Geschichte der Musik und des Orgelbaus des 17. Jahrhunderts: Sie war nicht nur Bestandteil einer zentralen Kirche des Luthertums, sondern hatte damit gleichzeitig ihren Platz auch in der langjährigen Wirkungsstätte des kurfürstlich-sächsischen Hofkapellmeisters Heinrich Schütz (1585–1672).

Die Kapelle des Dresdner Schlosses, der Residenz der sächsischen Kurfürsten, wurde im Zuge einer Schlosserweiterung gebaut und die Innenausstattung 1551–1554 (oder 1555) vollendet. Sie war in ihrer Erscheinung fast ganz vom Geist der Renaissance geprägt und wurde zum Vorbild anderer lutherischer Schlosskapellen.

Die Orgel wurde von dem Kammerorganisten Hans Leo Hassler (1564–1612) konzipiert und von Gottfried Fritzsche (1578–1638) gebaut, der zu einem der einflussreichsten Orgelbauer des 17. Jahrhunderts avancierte und die sächsische und norddeutsche Orgelgeschichte des 17. Jh. wesentlich prägte. Fritzsche wirkte in den 1620er Jahren vielfach im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel und zog schließlich Ende des Jahrzehnts nach Ottensen vor den Toren Hamburgs. In Hamburg gestaltete er fast alle großen Orgeln der Hauptkirchen um.

Die genaue Bauzeit der Orgel ist nicht zu ermitteln. Sie wurde wohl Ende 1610 in Auftrag gegeben und vielleicht schon Ende 1612 fertig gestellt. Die Angabe der Fertigstellung 1614, die von Michael Praetorius herrührt, wird zwar heute angezweifelt, kann aber doch nicht ausgeschlossen werden, zumal Praetorius 1613–1616 Hofkapellmeister „von Haus aus“ war und seinen Wohnsitz in Dresden hatte, wo er in unmittelbaren Kontakt zu Fritzsche trat.
1627–1628 arbeitete Fritzsche auf Veranlassung von Schütz noch einmal an der Orgel und baute vier Register „nach der Niederländer Art“ ein. Art und Umfang ist aber nicht zu bestimmen.

Im Verlauf der nächsten hundert Jahre kam es lediglich zu Reparaturen, bevor die Orgel 1737 ausgebaut wurde, als die Kapelle ihre Funktion verlor – sie wurde zu Wohnräumen umgebaut. Der Orgelbauer Johann Ernst Hähnel stellte das Instrument im folgenden Jahr in der Matthäuskirche zu Dresden-Friedrichstadt auf und baute es um. 1861 wurde die Fritzsche-Orgel durch einen Neubau ersetzt. Einzelne Teile des Prospekts wurden aufbewahrt, fanden aber bei der Zerstörung Dresdens 1945 ebenfalls ein Ende.

Disposition

Ursprüngliche Disposition
1612

Oberwerk, HW, Obermanual
CDEFGA-d’’’, mit 6 Subsemitonien (es/dis°, gis/as°, es/dis1, es/dis2, gis/as2)

Principal 8’ Prospekt
Quintadena 16’
Holzflöte 8’
Quintadena 8’
Gemsquinte 51/3
Octave 4’ Prospekt
Gedackt 4’
Quinte 22/3
Nasat 22/3’ gedackt
Mixtur IV
Trompete 8’ Prospekt

Brustwerk (BW), ebenfalls Obermanual
Tastaturumfang s. HW

Quintadena 4’ Prospekt
Octave 2’
Gedacktflöte 2’
Schwiegel 1’ Prospekt
Regal 4’ Prospekt

Positiv (Pos), Untermanual
Tastaturumfang s. HW

Principal 4 Prospekt
Gedackt 8’
Spitzflöte 4’ Holz
Octave 2’ Prospekt
Quinte 11/3
Cimbel II
Krummhorn 8’ Prospekt

Pedal (P), fest gekoppelt an HW
CDEFGA–d’

Offenbass 16’ Holz
Subbass 16’ Metall
Quintadena 16’ Transmission HW
Principal 8’ Transmission HW
Octave 4’
Spitzflöte 1’
Vogelsang
Posaune 16’
Cornett 2’

Zimbelstern
Vogelsang
Pauken in c° und f° je zwei Tritte rechts und links
Calcantenglocke

Sperrventile: HW u. BW, Pos, P
Drei Tremulanten jeweils für die Manualwerke

Koppeln:
Obermanual/Untermanual, Obermanual/Ped,

 

Stimmtonhöhe: a’ = um 460 Hz

Es gilt aufgrund der geteilten Obertasten (Subsemitonien) als gesichert, dass die Orgel in der zeittypischen mitteltönigen Temperierung mit reinen großen Terzen eingestimmt war.

Literatur
Frank-Harald Gress: "Die Gottfried-Fritzsche-Orgel der Dresdner Schlosskapelle. Untersuchungen zur Rekonstruktion ihres Klangbildes." Acta organologica 23 (1992): 67–112.

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