Die Orphika

Orphika, Joseph Dohnal nach Carl Leopold Röllig Wien um 1810, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Orphika, Joseph Dohnal nach Carl Leopold Röllig
Wien um 1810, Halle, Händelhaus

Zu den „Kuriositäten“ ist wohl auch diese Form eines Hammerklaviers „für Ausflüge“ zu zählen. Umgehängt oder auf den Schoß gelegt waren der Klang und der eingeschränkte Tonumfang dennoch nicht dazu angetan, das Publikum für diese Art „Wanderklavier“ nachhaltig zu begeistern.

Échantillon musical:
Ausschnitt aus W.A. Mozart, Adagio C-Dur, KV 617a (356)
gespielt von Li Stadelmann
Instrument: Orphika, vermutlich Joseph Dohnal nach Carl Leopold Röllig

 

Die Orphika konnte an dem Schulterband umgehängt oder auf dem Schoß liegend gespielt werden. Sie ist eine typische Schöpfung der biedermeierlichen Frühromantik im Geiste der Stockflöten und -geigen und war wie diese zum Gebrauch in der freien Natur bestimmt.

Erfunden wurde sie 1795 von Carl Leopold Röllig, der in den folgenden Jahren auch Übungsstücke und Lieder mit Orphikabegleitung veröffentlichte und danach unter anderem auch noch eine Klaviatur-Glasharmonika und ein Streichklavier („Xänorphika“ von 1801) erfand. Er baute all seine Instrument allerdings nicht selbst, sondern ließ sie gleichsam „in Lizenz“ herstellen. Bei der Orphika handelt sich um ein Pianoforte mit etwa dreieinhalb Oktaven Tonumfang in Form einer „liegenden Harfe“ und in der Regel mit einfachem Saitenbezug. Der Klang konnte allerdings wenig überzeugen; das kleine Corpus konnte kaum mehr Lautstärke als ein Clavichord entwickeln und der reduzierte Tonumfang zu einer Zeit, als der Tonumgang des Pianoforte bereits auf sechs Oktaven anzuwachsen im Begriff war, erlaubte die Wiedergabe von Werken aus dem eigentlichen Klavierrepertoire nur mit erheblichen Einschränkungen.Der Reiz derartiger „Wanderinstrumente“ hat im 19. und 20. Jahrhundert zu einer ganzen Reihe von Konstruktionen geführt, die beispielsweise speziell geformt oder auf besondere Art zerlegbar waren, um sie etwa in Rucksäcken bequem und gefahrlos mitführen zu können. Rölligs Orphika als ein „Wanderklavier“ blieb jedoch einzigartig. Die Formgebung scheint allerdings im späten 20. Jahrhundert für spezielle Bühnen-Keyboards – erneut „zum Umhängen“ – für Showzwecke als Vorbild gedient zu haben.


 
 
 

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