Glossar

Abstrakte

Der Teil der Spieltraktur, meistens in Form einer dünngehobelten Holzleiste oder eines Metalldrahts, der die Zugkraft von der Taste bis hin zum Spielventil weiterleitet.

Balg

Die Winderzeugung geschah jahrhundertelang mit Keilbälgen, die mit Muskelkraft aufgezogen wurden. Um eine gleichmäßige Windversorgung zu erreichen, waren mindestens zwei Bälge erforderlich, meistens jedoch deutlich mehr. Da der Winddruck aus physikalischen Gründen je nach der Zahl der Falten immer stärker schwankt, haben Orgelbälge nur je eine Falte.

Intonation

Einer der letzten Arbeitsprozesse des Orgelbauers ist die Intonation, bei der durch Feinbearbeitung der tonerzeugenden Bestandteile des Pfeifen deren Tongebung aneinander angeglichen und an die Akustik des Aufstellungsraumes angepasst wird.

Kalkant

Traditionell die Bezeichnung des Bälgetreters, der (oft zu mehreren) die Orgelbälge zu betätigen hatte, je nach Konstruktion durch Tritt oder Zug an einem Hebel, der den Balg aufzog. Die dabei hochgezogene obere Balgplatte sank dann unter ihrem Gewicht wieder herab und drückte dabei den Wind in den Windkanal.

In Kirchenorchestern war der Kalkant oft nicht nur für die eher gleichförmige Arbeit des Balgtretens an der Orgel zuständig, sondern hatte auch für Instandsetzungen, das Aufstellen der Notenpulte usw. zu sorgen.

Kanzelle

Die Windkammer unterhalb der Pfeifen, die durch Öffnen des Spielventils unter Wind gesetzt wird. Die traditionellen Windladentypen Schleiflade und Springlade sind „Tonkanzellenladen“; dabei stehen alle gleichnamigen Töne/Pfeifen eines Werks auf einer Kanzelle. Der Weg des Windes zu den Pfeifen ist aber bei „abgestoßenem“ Register noch beispielsweise durch die Schleife versperrt; erst bei „gezogenem“ Register kann der Wind durch die dann den jeweiligen Windkanal freigebenden Schleifenbohrungen in die Pfeife strömen. Nur in wenigen Fällen findet man vor dem 19. Jahrhundert „Registerkanzellenladen“, bei denen alle Pfeifen eines Registers auf einer gemeinsamen Kanzelle stehen. Dabei wird dann das Kanzellenventil vom Registerzug aus, weitere Pfeifenspielventile von den Tasten aus geöffnet.

Kanzellen haben einen interessanten Effekt – die auf einer gemeinsamen Kanzelle stehenden Pfeifen kommunizieren gleichsam miteinander, sie gleichen sich einander an. So führen Tonkanzellenladen zu einer größeren Klangverschmelzung der Pfeifen gleicher Töne in unterschiedlichen Registern, während die einzelnen Töne sich stärker voneinander abheben. Registerkanzellen fördern die Verschmelzung der Töne eines Register untereinander, aber trennen die einzelnen Registerklangfarben stärker voneinander.

Koppel

Koppeln sind Mechanismen, mit denen die Tasten unterschiedlicher Klaviaturen miteinander verbunden und so mehrere Werke gemeinsam angespielt werden können. Die Konstruktionen hierfür unterscheiden sich teilweise sehr stark voneinander. In manchen Ländern und Regionen waren Koppeln eher unüblich, in anderen gehörten sie zum technischen Grundbestand. Die Tendenz zur Vermehrung der Koppeln soweit, dass praktisch jede Klaviatur mit jeder anderen gekoppelt werden konnte, gehört zu denjenigen Modeströmungen im Orgelbau, die das Ende der barocken Orgelästhetik markieren.

Klaviatur

Die Klaviaturen dienen dem eigentlichen Spiel des Instruments. Generell sind dabei Manuale (lat. manus „Hand) und Pedale (lat. pes „Fuß“) – je nach ihrer Bedienung – zu unterscheiden. Abmessungen, Macharten und Tonumfänge der Klaviaturen sind typisch für einzelne Orgelbauer und bestimmte Orgellandschaften und spielen auch eine wichtige Rolle für die Ausführung regionaltypischer (oder –untypischer) Orgelliteratur.

Mensur

Primär das Verhältnis von Länge zu Durchmesser der Pfeifen, im weiteren Sinn auch übertragen auf andere (vor allen klanglich relevante) Maßverhältnisse wie etwa Breite zu Höhe des Aufschnitts. Die Mensuren bestimmen den Klangcharakter der Register.

Naturton

Seit Pythagoras ist die Zusammensetzung eines Tones aus einem Gemenge aus mehreren Tönen bekannt und nachgewiesen. Im allgemeinen unterscheidet man dieses Tongemenge in den meist als Hauptton am lautesten hörbaren „Grundton“ und die leiseren, die Klangfarbe des Tons prägenden „Obertöne“. Durch besondere Konstruktion ist es gelegentlich möglich, dieses Lautstärkeverhältnis zu verändern: eine „überblasene“ offene Pfeife gibt den zweiten Naturton/“1. Oberton“ als lautesten Ton, der Grundton ist dann nicht hörbar.

Pfeife

„Pfeife“ ist die Sammelbezeichnung für die einzelnen Tongeber innerhalb der Orgel. Mehrheitlich handelt sich dabei um „Lippenpfeifen“ („Labialpfeifen“) mit Tonerzeugung nach Art einer Blockflöte; daneben kommen in geringerer Anzahl auch „Zungenpfeifen“ („Lingualpfeifen“) mit im Luftstrom schwingenden Metallzungen vor. Jede Pfeife ergibt nur einen Einzelton. Allerdings kann bei einigen Registern (z.B. „Quintadena“) durch besondere Intonation und Konstruktion gelegentlich ein zweiter Ton deutlich vernehmbar erzeugt werden.

Prospekt

Die Schauseite(n) einer Orgel, die dem Publikum zugewandt sind, bestehend aus dem Gehäuse und den Prospektpfeifen. Die Gestaltung des Prospekts war von jeher eine besondere Herausforderung für Orgelbauer und Architekten. Die Herstellung und Dekoration des Gehäuses beschäftigte eine Vielzahl an Schreinern, Malern, Bildhauern, Vergoldern etc. und trug zum Gesamtkunstwerk einer Orgel maßgeblich bei.

Pulpete

Abdichtung an der Stelle, wo die Abstrakte von außen in die Kanzelle eintritt, traditionell aus Leder (das „Pulpetensäckchen“), um zu verhindern, dass der Spielwind beim Niederdrücken der Taste aus der Kanzelle entweichen kann.

Register

Die jeweilige Pfeifenreihe von bestimmter Klangfarbe und Konstruktion, die in der Regel mit jeweils eigenem Registerzug ein- oder abgeschaltet („gezogen“ oder „abgestoßen“) werden kann.

Traktur

Der gesamte Mechanismus einer Orgel, der die Aktionen des Spielers bis hin zur tonerzeugenden Pfeife weiterleitet und dem Spielwind den Weg zur Pfeife freigibt. Man unterscheidet dabei die Spieltraktur zwischen den Tasten und den Spielventilen und die Registertraktur von den Registerhebeln oder –zügen zu den Schleifen der Schleiflade oder der Ventilleiste der Springlade.

Dem Spielwind ist der Weg zur Pfeife zweifach versperrt: durch das Spielventil an der Kanzelle, das durch Druck auf die Taste geöffnet wird, und die Schleife (bei der Schleiflade) bzw. die Registerventile (bei der Springlade), durch die dem Wind der Weg zu den einzelnen Registern freigegeben werden kann.

Ventil

Ventile sperren oder eröffnen die Windwege. Die übliche Konstruktion der Ventile, etwa der Spielventile, waren einseitig angelenkte Holzleisten mit dreieckigem Querschnitt und Lederbezug an den Kontaktflächen; diese Querschnittform half, dass der Winddruck selbst dazu beitrug, das Ventil im Ruhezustand auf sein Lager zu drücken.

Verführung

Können Pfeifen nicht direkt oberhalb ihrer Kanzelle aufgestellt werden, etwa infolge zu großen Pfeifendurchmessers oder bei den weiter entfernten Prospektpfeifen, so müssen sie verführt werden. Dabei wird bei weiter Entfernung zur Windlade auf die Kanzelle eine Kondukte aufgesetzt, die zum eigentlichen Pfeifenstandort führt, oder – bei geringeren Abständen – eine Holzbohle auf der Windlade aufgedoppelt, in der kleine Windverführungen zu den Pfeifen ausgestochen werden.

Welle

Jener Teil der Trakturen, der die Zugkraft von der Taste als Drehbewegung über Hebelarme weitergibt. Bedeutsam ist das Wellenbrett über den Tastaturen, das zwischen den eng nebeneinander liegenden Tastenabständen und den weiteren Abständen der Spielventilen vermittelt.

Werk

Die Register werden üblicherweise (ab einer Zahl von etwa 20 Registern) auf mehrere Werke aufgeteilt, die gleichsam eigenständige Teilorgeln darstellen und den jeweiligen Klaviaturen zugewiesen werden. Aufstellung, Gestaltung und Ausbau dieser Werke unterscheiden sich sehr stark sowohl von einem Orgelbauer zum anderen, aber noch mehr regionaltypisch, und eröffnen so spezifische Spiel- und Klangwirkungen, die auch in charakteristischen Kompositionen vorgeschrieben und genutzt werden. Man unterscheidet einerseits Pedalwerk und Hauptwerk (Hauptmanual), sodann weitere Manualnebenwerke wie das Rückpositiv im Rücken des Organisten, das Brustwerk direkt über den Manualen, Oberwerk, Kronwerk und das französische Reçit über dem Hauptwerk. Die Benennungen wurden in der Regel je nach Stellung zum Hauptwerk oder auch nach der Klangwirkung (z.B. „Echo“) gewählt.

Windlade

Die Windlade dient der Verteilung der Luft auf die einzelnen Pfeifen, die auf die Windlade gestellt werden. Sie enthält mehrere Konstruktionsebenen übereinander, um die Luft auf dem Windkanal zu jeder gewünschten Einzelpfeife leiten zu können. Zuunterst liegt die Ventilkammer, in die die Abstrakten von den Tastaturen her einmünden; die Ventilkammer steht permanent unter Wind, doch die weitere Weg der Luft ist zunächst durch die Ventile blockiert. Bei Öffnen eines Ventils gelangt der Wind in eine Kanzellen, die zusammen die mittlere Ebene des Windladenaufbaus bilden. Wenn dazu eine Schleife (bei Schleifladen) bzw. die Registerventile (bei Springladen) geöffnet ist, gelangt der Wind durch die Pfeifenstockbohrung (und eventuelle Verführungen) in die Pfeifen. Diese stehen ihrerseits auf dem Pfeifenstock, dem oberen Abschlussbrett der Windlade. Der Pfeifenstock muß einerseits das Gewicht der Pfeifen tragen, andererseits soll er sich nicht verziehen, denn unmittelbar darunter verlaufen etwa die Schleifen, die sich geräuschlos, winddicht und weitgehend reibungsfrei ohne Verkanten jahrzehntelang bewegen sollen

Die beiden in diesem Zeitraum üblichen Grundkonstruktionen der Windlade, die Schleifladen (nach den Schleifen zur Registerschaltung) und die Springladen (nach den vielen Federn der Spiel- und Registerventile) entstanden vermutlich im 14. oder 15. Jahrhundert; andere Ladentypen wie die Kegel-, Taschen- und Membranladen (nach den verschiedenen Spielventilkonstruktionen) entstanden erst im 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Windkanal

Die Luft aus den Bälgen wird durch den Hauptwindkanal zur Orgel geleitet; dort angelangt verzweigt sich der Hauptwindkanal zu den einzelnen Windladen. Der Windkanal wird aus Holz gefügt und mit Leder abgedichtet und besitzt mindestens ein Rückschlagventil, um zu verhindern, dass die Bälge die gerade eingeblasene Luft wieder herausziehen. Ein weiteres Element ist der traditionelle Tremulant, der auf verschiedene Weisen und an unterschiedlichen Stellen angebracht werden konnte; der wohl älteste Typ ist dabei der „Kanaltremulant“ (auch „Bockstremulant“): Auf dem Hauptwindkanal ist ein kleiner Balg mit einem Ventil angebracht; bei gezogenem Tremulant wird dieser Balg vom Spielwind bis zu einem bestimmten Punkt aufgeblasen; bewegt sich der Balg weiter darüber hinaus, öffnet sich das kleine Ventil und der Balg fällt wieder zusammen. Dieses schnelle Auf und Ab dieses Balges überträgt dessen periodische Druckschwankungen auf den Spielwind mehrmals in der Sekunde je nach Einstellung des Tremulanten.

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