Andreas Jäger (zugeschr.) 1734
Erhaltungszustand: original
Das
Instrumente entstand für die Friedhofskirche St. Sebastian und wurde
nach dem dortigen Neubau durch Andreas Jäger 1772 in die Hl.
Geist-Spitalkirche übertragen
Dieses Instrument repräsentiert eine bedeutende Sparte in der Produktion barocker Orgelbauer: die vielfach einsetzbare Kleinorgel, die beispielsweise als Filialkirchenorgel, Hausorgel oder Prozessionsorgel gebraucht werden konnte. Oberste Forderung an derartige Instrumente war ihre Kompaktheit; dies forderte vom Orgelbauer, alle technisch erforderlichen Komponenten in einem einzigen Gehäuse zusammenzufassen. Sodann sollten diese Instrumente zumindest so leicht sein, dass sie von zwei oder maximal vier Trägern bewegt werden konnten. Ihre Klangdisposition sollte so gestaltet sein, dass sie sich sogar unter freiem Himmel (als Prozessionsorgel) noch gegenüber einer größeren Zahl von Singstimmen durchsetzen konnten. Eine Disposition ohne Quintregister, die eventuell die Sänger hätten verwirren können, mit prinzipalischen hohen Registern, die melodische Verläufe bis in weite Entfernung klar zeichnen konnten und einem zumindest in der näheren Umgebung des Instruments gut hörbaren gedackten Klangfundament aus Holzpfeifen geringen Gewichts erfüllte diese Zielvorstellung in bestmöglicher Weise.
Der Erbauer dieses Instruments, Andreas Jäger, erwies sich im Verlauf seiner Laufbahn als außerordentlicher Könner auf dem Gebiet platzsparenden Orgelbauens. Aus seinem Schaffen haben derartige Instrumente, in denen seine Kunst der Ausnutzung des verfügbaren Raumes in besonderer Weise verwirklicht wurde, in überproportionalem Maße die Zeiten überdauert – vielleicht ein Hinweis darauf, dass spätere Orgelbauer tiefergehende Eingriffe in solche Instrumente scheuten. Andreas Jäger hat in seinem Heimatort Füssen ein bemerkenswertes Denkmal des barocken Orgelbaus geschaffen, indem er Orgeln in nahezu jeder Kirche errichtete, vom Beginn seiner Tätigkeit in den 1730er Jahren bis an sein Lebensende. Mit einer Ausnahme sind diese Instrumente noch mehr oder minder erhalten geblieben.
Die Orgel der Füssener Spitalkirche entstand ursprünglich für die nicht weit davon entfernte Friedhofskirche St. Sebastian und wurde dort 1772 durch ein größeres Instrument Jägers (erhalten) ersetzt. Sie besitzt eine Reihe von Schwesterinstrumenten in entsprechender Bauweise, etwa die Prozessionsorgel in Elbigenalp oder die Spitalkirchenorgel in Latsch (Vintschgau). Sie besitzt lediglich vier Register, die den Kirchenraum für etwa 100 Gläubige jedoch klanglich hervorragend füllen. Die Disposition ohne Quinten oder Mixturen ist ganz auf die unmissverständliche Durchzeichnung musikalischer Linien hin konzipiert. Dass sie ursprünglich für eine größer dimensionierte Kirche gebaut wurde verrät sich trotz ihrer geringen Abmessungen noch heute dadurch, dass der Organist beim Spielen dieses Instruments auf der Emporenbrüstung sitzen muss.
Musikbeispiel:
Gottlieb Muffat: Toccata undecima in e,
aus 72 Versetl sammt 12 Toccaten
Gespielt von Wolfgang Baumgratz
Disposition:
Copl 8’
Flaute 4’
Octav 2’
Octav 1’
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