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Luzern, ehem. Zisterzienserklosterkirche St. Urban, Hauptorgel

Luzern, ehem. Zisterzienserklosterkirche St. Urban, Hauptorgel

Josef Bossart 1716-1721

Die Bossart-Orgel ist ein hochinteressantes Werk mit scheinbar ausgesprochen altertümlichen Elementen wie Klaviaturen mit gebrochenen Obertasten, die jedoch vor allem als Konsequenz aus dem überzeugten Festhalten an einer ungleichschwebenden Temperierung des Instruments zu verstehen sind, und einem für ihre Zeit sehr modernen, geradezu „galant“ zu nennenden Klangaufbau mit einer Vielzahl an ausgesprochenen Charakterstimmen in allen Werken, die zudem schon Zeichen einer dynamischen Abschwächung vom Hauptwerk hin zu Oberwerk und Brustwerk zeigen. Doch wurde bei den Instrumenten dieser Epoche schon weniger Wert auf das Orgelplenum als vielmehr auf den Reichtum an Kombinationsmöglichkeiten mit Einzelregistern gelegt. Die vielen 8’- und 4’-Stimmen sind also vor allem als Erfüllung eines Wunsches nach einer möglichst reichhaltigen Farbpalette in mehreren Abstufungen in den einzelnen Teilwerken zu verstehen. Trotz ihrer durchaus beeindruckenden Gesamtzahl von 40 Registern kommt die Eigenart dieser Orgel am besten bei der Verwendung von relativ wenigen Registern in immer wieder andersartigen Zusammenstellungen zur Geltung.

Einige Merkmale verraten die lange Entwicklung der Barockorgel im Alpenraum. So ist etwa das für die Alpenregion typische Register „Hörnlein“ noch vorhanden, ist jedoch keine gemischte Stimme mehr, sondern nur noch eine einzelne Terzreihe, die zur Erzielung des traditionellen Klangeffekts mit einem 2’-Register kombiniert werden muss. Doch derart als Einzelreihe gebaut ist andererseits auch die Möglichkeit eröffnet, das Register in Kombinationen „en tierce“ nach französischer Art zu verwenden.

Der Orgelprospekt ist ein weiteres bemerkenswertes Beispiel der um die Fenster herum aufgeteilten Prospekte des Barocks im oberdeutschen Sprachraum. Das in der Mitte deutlich eingesenkte Hauptwerk kulminiert in dem einzigartigen Kreuzigungssymbol, in dem das Holz der Kreuze durch (stumme) Orgelpfeifen symbolisiert wird und auf diese Weise eine theologische Verbindung zwischen dem Orgelklang und dem Leidens- und Heilsgeschehen auf Golgatha hergestellt wird.

Musikbeispiel:

Georg Friedrich Händel (1685-1759): Voluntary II in C
Gespielt von Albert Bolliger

Disposition:

III+P/40

Manualumfang C-c3 mit gebrochenen Obertasten für dis/es in der kleinen, ein- und zweigestrichenen Oktave; Pedal C- a0 ; jeweils kurze Oktave.

HW:

Principal  8’
Viol de Gamb  8’
Schwäglen  8’
Nachthorn  8’
Spitzfleüthen  8’
Copell     8’
Cornet   8’ 5f.
Octav     4’
Waldfleüthen  4’
Quintfleüthen  2 2 /3
Superoctav       2’
Flaschroneth-Fleüthl.  2’
Quint  1 1/3
Sesquialtera   1 1/3 ’ 3f.
Hörnlein     1 3/ 5
Mixtur major    1’ 4f.
Mixtur minor   1’ 3f.
Cymbel     ½’ 3f.
Fagott      8’

OW:

Echo ins Gesicht    8’
Schwäbende Fleuth.  8’
Hohl-Fleüthen  4’
Copell     4’
Superfleüthlein   2’
Mixtur      1’ 3f.
Cymbel   2/3 ’ 2f
Fagott in Octav   4’

 

BW:

Secund Principal  8’
Hohl-Fleüthen 4’
Flaschroneth-Fleüthl.    2’
Mixtur   1’ 3f.
Cymbel    ½’ 2f.

 

P:

Subbass   16’
Portun  16’
Principal   8’
Octava und Quinta  4’
Superoctava    2’
Mixtur   1 1/3 ’ 3f.
Viol-Bass   16’
Posaunen   8’

Koppeln OW/HW, HW/P

 

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