Erbauer unbekannt (Hans Lechner?) 1630
Erhaltungszustand: Technische Anlage erhalten, 1952/53 überarbeitet, Pfeifenwerk: Metallpfeifen zu 60% von 1953, Holzpfeifen erhalten.
Das Deutsche Museum in München besitzt in seiner umfangreichen Sammlung von Musikinstrumenten die sog . "Thalkirchner Orgel". Sie wurde im Jahr 1630 von einem namentlich nicht bekannten Orgelbauer für die Wallfahrtskirche St. Maria in Thalkirchen südlich von München erbaut. Vermutet wird der damals in München ansässige Orgelbauer Hans Lechner, der in München und Oberbavern mit vielen Arbeiten nachgewiesen werden kann. Eine Inschrift auf dem Gehäuse der Orgel berichtet sowohl vom Jahr ihrer Erbauung als auch von der zwei Jahre später erfolgten " Verhörung" , d.h. Beschädigung durch die vor München lagernden Schweden. Der Befund am Instrument lässt vermuten, dass lediglich das Metallpfeifenwerk in Mitleidenschaft gezogen wurde. Die Orgel stand - bis auf einige Reparaturen und eine Umstimmung unverändert - bis 1908 in Thalkirchen. Zu diesem Zeitpunkt wurde anlässlich einer Erweiterung der Kirche die Anschaffung einer neuen Orgel beschlossen und das inzwischen denkmalwürdige, 230-jährige Instrument dem Deutschen Museum angeboten. Dort wurde es im zweiten Weltkrieg durch eine herabstürzende Decke erneut beschädigt und 1952/53 vom Museumsrestaurator Fritz Thomas und der Fa. Steinmeyer restauriert.
Nach heutiger Kenntnis ist uns mit der Thalkirchner Orgel die am vollständigsten erhaltene Orgel des frühen 17.Jahrhundert aus dem süddeutschen Raum erhalten geblieben: Die technische Anlage ist zwar überarbeitet (Windladen abgerichtet, Verschleißteile erneuert), die Struktur jedoch insgesamt original. Auch die drei Keilbälge samt ihrer Aufzugshebel sind noch erhalten. Das Pfeifenwerk wurde über die Jahrhunderte, in denen die Orgel in Thalkirchen stand, ergänzt und bei einer Umstimmung auf einen tieferen Stimmton versetzt oder angelängt. Der Kriegsschaden von 1944 hatte zur Folge, dass bei der Restaurierung 1952 eine Überarbeitung der technischen Anlage erfolgen und 60 % des neuen Material bei den Metallpfeifen eingebracht werden musste. Die Holzregister konnten dagegen nahezu unversehrt die Zeitläufe überdauern. Eine erneute Umstimmung zu diesem Zeitpunkt führte aber dazu, dass die Spuren der originalen Stimmung wohl gänzlich verloren sind.
(Ausführliche Dokumentation zum download hier)
J.P. Sweelinck: Variationen über "Mein junges Leben hat ein End"
Gespielt von Edgar Krapp
Flauten | 8' | Subbas | 16' |
Principal | 4' | Octavbas | 8' |
Copel | 4' | Quintbas | 5 1/3' |
Octav | 2' | ||
Quint | 1 1/3' | ||
Mixtur 3fach | 1' | ||
Cimbel 1fach | 1/4' |
Die Diposition der Thalkirchner Orgel ist einerseits sehr typisch für die im altbairisch-österreichischen Raum vorherrschenden einmanualigen Orgeln des 17. Jahrhunderts, welche für ländliche Kirchen gebaut wurden, andererseits zeigt sie aber auch Besonderheiten, die sie vom Gros dieser Orgeln abhebt. Zeittypisch ist der vollständige Prinzipalchor im Manual, die Basis mit dem Prospekttregister Principal 4' begegnet bei Orgeln dieser Größe überwiegend im Bereich Ostbayern-Oberösterreich. Die Äquallage wird durch das einzige Holzregister im Manual Flauten 8' bedient. Die Copel ist aus Metall und in 4'-Lage. Weitaus häufiger ist sie in dieser Zeit als 8' und üblicherweise aus Holz anzutreffen. Eine weitere Besonderheit ist das eigenständige Pedal mit drei Registern, welches bei einmanualigen Orgeln dieser Größe nur bei Hans Lechner und Christoph (I) Egedacher vorkommt. Im altbairischen und oberösterreichischen Raum des 17. Jahrhunderts war das Pedal meist angehängt oder bestand lediglich aus einem Subbaß 16'. Hier jedoch findet mit Quintbas 5 1/3', Oktavbaß 8' und Subbaß 16' eine klangliche Verlängerung der Prinzipalchor-Reihe in die Tiefe statt. Damit wird eine deutlich größere Klangfülle und Tragweite ermöglicht, was die Wertschätzung der zwar ländlichen, durch ihre Marienwallfahrt jedoch bedeutenden Thalkirchner Kirche spiegelt.
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