Erhaltungszustand:
Die Orgel in der Sint-Martinuskerk gilt als bedeutendste und besterhaltene Van-Peteghem-Orgel und eines der wichtigsten Zeugnisse des hoch stehenden Orgelbaus des 18. Jahrhunderts in Flandern.
Original sind ganz oder weitgehend: Gehäuse, Windladen, Wellenbretter, Teile der Spielmechanik und der Registermechanik, Pfeifenwerk.
Die originale Intonation ist gut erkennbar, die weitgehend oder völlig kernstichlos war. Bei der Restaurierung wurden später hinzugefügte Kernstiche nicht zugerieben.
Die Klaviaturen der drei Manuale und des Pedals sind die einzigen Van-Peteghem-Klaviaturen des 18. Jahrhunderts, die noch erhalten und spielbar ist. Nur die Echo-Klaviatur hat jedoch noch den originalen weißen Knochenbelag, der wenig ausgespielt ist.
Haringe ist ein kleines Dorf im Südwesten Westflanderns an der französischen Grenze. Die Sint-Martinuskerk entstand in der heutigen Form als dreischiffige Hallenkirche Ende des 16. Jahrhunderts und bezieht einige mittelalterliche Bestandteile ein und enthält ein reiches Barockinterieur, das während der Zeit der französischen Revolution Plünderungen entging.
1778 bauten Pieter van Peteghem, der als einer der bedeutendsten flämischen Orgelbauer gilt, und sein Sohn Lambertus Benoit (1742-1807) die Orgel der Sint-Martinuskerk.
Die neue Orgel wurde in ein Gehäuse eingebaut, das der Zimmermeister Pieter Kockenpo errichtet hatte und dessen Schnitzwerk von Jan Elshoecht ausgeführt wurde. Die Prospektpfeifen fertigten die Van Peteghem aus fast reinem Zinn, das Innenpfeifenwerk dagegen aus einer sehr bleihaltigen Zinn-Blei-Legierung (ca. 95% Blei), wobei das Metall für die großen Pfeifen gehämmert wurde.
Im 19. Jahrhundert wurden lediglich Unterhaltsarbeiten ausgeführt. Die Orgel erfuhr keine Umbauarbeiten, und das Pfeifenwerk blieb weitgehend kaum verändert erhalten. Eingriffe bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts betrafen im Wesentlichen die Windversorgung.
Auf der Grundlage vorheriger Bestandsaufnahme unterzogen J.-P. Draps und Ghislain Potvlieghe die Orgel einer Restaurierung, die weitgehende Eingriffe vermeiden und den Bestand sichern sollte und 1994 abgeschlossen wurde.
Typisch für die Bauweise der Van Peteghem sind relativ klein dimensionierte Windladen, die aber eine Fülle von Register aufnehmen. Auch die Maße der ursprünglichen Spanbälge waren eher klein, wie auch die Windkanäle relativ eng.
Daher ist eine ökonomische Registrierweise erforderlich bei Einsatz von Grundstimmen, die relativ viel Wind benötigen, etwa Bourdon 16' (vor allem bei schnellen Bewegungen in der Bassstimme) oder der Bombarde 16'. Die Van Peteghem hatten zwar Platz auf der Windlade für die Bombarde vorgesehen, den sie aber – vielleicht wegen des zu erwartenden Windverbrauchs – nicht nutzten: Das Register wurde erst später hinzugefügt.
Das Echo ist ein Diskantwerk: Obwohl die zwei unteren Oktaven der Klaviatur vorhanden sind und spielbar erscheinen, wirken lediglich die Diskanttasten c1-f3 auf die entsprechenden Töne. Die Windlade des Echowerks ist unterhalb der HW-Lade hinter dem Notenpult angebracht.