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Leiden, Pieterskerk

Leiden, Pieterskerk
Leiden, Pieterskerk

Erhaltungszustand:
Die Hagerbeer-Orgel der Pieterskerk in der Universitätsstadt Leiden ist eine der bedeutenden Denkmalorgeln Europas. Neben dem Bestand vor allem des 17. Jahrhundert, der den Charakter des Instruments prägt, sind auch rund einhundert Pfeifen der ältesten Schicht um 1446 bewahrt, vor allem in den Prospektpfeifen. Bei der letzten Restaurierung des Instruments war es jedoch nötig und möglich, in nicht unerheblichem Maße zu rekonstruieren: Pfeifenwerk, Teile der Windversorgung und der Spielanlage mussten nach Vorbildern und im Instrument gefundenen Spuren interpretiert bzw. wiederhergestellt werden.
Einzigartig für eine große niederländische Orgel des 17. und 18. Jahrhunderts ist, dass man den Mut hatte, die Orgel terzenrein mitteltönig einzustimmen. Diese Entscheidung trägt wesentlich zum Klangbild der Orgel mit ihren groß besetzten Mixturen bei.


Die Pieterskerk ist eine spätgotische Kirche, die 1390 begonnen wurde und einen Vorgängerbau ersetzte. In verschiedenen Bauabschnitten wurde die Kirche in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts fertig gestellt.
Schon um 1446 wurde in der Pieterskerk eine neue große Orgel gebaut, deren Erbauer namentlich nicht gesichert ist. Das Instrument hatte ein Hauptwerk (Hoofdwerk) auf 16’-Basis und vermutlich ein Oberwerk (Bovenwerk) auf 4’-Basis. Diese Orgel wurde 1518 von Jan van Covelens erweitert. Möglich ist, dass sie nun auch ein Rückpositiv besaß, das dann jedoch nach einem Kontrakt mit Jan Jacobsz van Lin 1625 durch ein neues ersetzt wurde.
Eine völlige Erneuerung führten Galtus Germersz und Germer Galtusz van Hagerbeer zwischen 1636 (Kontrakt) und 1643 aus. Die Hagerbeer waren eine Orgeldynastie, die vor 1600 aus Ostfriesland (Stadt Norden oder Hage) in die Niederlande einwanderte und dort den Orgelbau der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit großen Projekten in Städten wie Leiden, Utrecht, Gouda, s’Hertogenbosch, Alkmaar, Amersfoort, Arnhem oder Den Haag wesentlich prägten.
In der Pieterskerk wurde das heute erhaltene Hauptgehäuse mit Flügeltüren gebaut, während das Rückpositivgehäuse von van Lin erweitert und beibehalten wurde. Die Hagerbeers arbeiteten am Orgelinneren und behielten einen Teil des älteren Materials bei, jedoch kein Pfeifenwerk des unmittelbaren Vorgängers van Lin.
Die Hagerbeer-Orgel (rekonstr. III+P/36) war eine 24’-Orgel, d. h. die größte Pfeife war ein F' von 24’-Länge im Hauptwerk. Die Klaviaturen des Hauptwerks reichten bis Kontra-F. Ein Teil der Pedalklaviatur, F-d’, ist oktavversetzt an das Hauptwerk-Manual angehängt, so dass die Pedaltasten jeweils den Ton eine Oktave tiefer spielten.
1690 dunkelte Johannes Duytschot das Rückpositiv ein, indem er die Zusammensetzung der Mixtur änderte und die Principalstimmen 8’ und 4’ umintonierte bzw. die Mensur erweiterte.
Ab 1774 kam es erst zu Eingriffen, die den Charakter der Hagerbeer-Orgel betrafen, und im Lauf des 19. Jahrhunderts erweiterte man die Disposition. Die dazu erforderlichen Änderungen der technischen Anlage gereichten der Orgel ebenso wenig zum Vorteil wie eine Restaurierung 1944–46, die einen Fantasiezustand anstrebte, dem auch originales Pfeifenmaterial zum Opfer fiel. Das verbleibende Material erfuhr zum Teil schwere Eingriffe in die Intonation und neu angefertigte Pfeifen passten nicht zum alten Bestand.
Schon bald wurden Stimmen laut, die eine neue Restaurierung forderten, aber erst ab Mitte der 1980er Jahre konnten Dokumentation und Restaurierungspläne ineinander greifen. Die Orgel wurde 1994–1998 durch die Firma Verschueren Orgelbouw restauriert bzw. rekonstruiert.

Literatur:
Peter van Dijk: „Het Van Hagerbeer-orgel in de Pieterskerk te Leiden.“ Het orgel 96, Nr. 1 (2000), 18–26.